Tierinfo

Wissenswertes rund um das Tier und dessen Haltung

Narkosen nur durch Tierärzte

Bundestierärztekammer ist entsetzt über Aufweichung der Betäubungsregelung

Eigentlich sollte ein erneuertes Tierschutzgesetz den Tieren mehr Schutz garantieren – doch die Novelle verkam immer mehr zu einer Farce, denn selbst die wenigen verbliebenen Verbesserungen sind mittlerweile vom Tisch: So soll der umstrittene Schenkelbrand von Pferden erlaubt bleiben, und ein Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration von 2017 auf das Jahr 2019 verschoben werden.

Nun platzt der Bundestierärztekammer allerdings der Kragen, denn statt mehr Tierschutz droht "von hinten durch die kalte Küche" sogar eine Verschlechterung für die Tiere: Die ab 2019 vorgeschriebene Betäubung bei der Ferkelkastration und beim Schenkelbrand von Pferden soll in Zukunft aus Kostengründen auch Tierhaltern und Landwirten erlaubt sein. Bisher ist eine Betäubung bei schmerzhaften Eingriffen nach Paragraph 5 Abs.1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes ausschließlich von einem Tierarzt durchzuführen. Und das ist auch gut so, denn nur ein Tierarzt kann diese aufgrund seiner intensiven Ausbildung fachlich korrekt ausführen. Schließlich stellt die Betäubung von Tieren einen massiven Eingriff in ihr Nervensystem dar, der immer risikobehaftet ist. Und sie soll natürlich auch wirken!

Prof. Dr. Theo Mantel, Präsident der Bundestierärztekammer: "Dem Tierschutz wird hier ein Bärendienst erwiesen. Es wäre besser, ganz auf diese schmerzhaften und chirurgischen Eingriffe zu verzichten."

Momentan, so Mantel, gibt es keine praktikablen und vor allem schnell und ausreichend wirksamen Schmerzmittel, die vom Landwirt bedenkenlos angewendet werden können. "Verfügbare lokal aufzubringende Präparate für die Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration wirken erst nach einigen Minuten. Bei den großen Beständen wird aber im Akkord kastriert, das heißt, die Tiere wären im Regelfall bei dem Eingriff überhaupt nicht betäubt. Und
auch der Schmerz nach der Operation wird nicht gelindert, das ist eine grobe Täuschung", kritisiert Mantel.

Die Bundestierärztekammer appelliert darum an die Vernunft der verantwortlichen Politiker: "Ein solch schwerwiegender Eingriff in die tierärztliche Zuständigkeit für die Betäubung darf mit Blick auf die Folgen für den Tierschutz kein Schnellschuss sein! Gerade im Hinblick auf unausgegorene Themen wie die Ferkelkastration sollte der Gesetzestext noch einmal überdacht werden", so Mantel.
(BTK 2012)

Die Narkose muß in tierärztlicher Hand bleiben

Die Tierärztekammer Hamburg unterstützt die Forderung der Standesorganisationen BTK, Bbt und bpt

Die Agrarministerkonferenz hat der Bundesregierung begrüßenswerterweise im Oktober 2011 empfohlen, die Kastration von Ferkeln ohne wirksame Schmerzausschaltung (Narkose) bis 2017 zu verbieten (ab 2018 ist die Kastration sowieso EU-weit verboten). Die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wollen zu diesem Zweck die Narkose der Ferkel mit dem Narkose-Gas Isofluran den Landwirten übertragen. Die Bundestierärztekammer, der Bundesverband der praktischen Tierärzte und auch die Tierärztekammer Hamburg sind strikt gegen dieses Vorhaben:

1). Laut Tierschutzgesetz (§ 5) darf die Betäubung bisher nur von einem Tierarzt durchgeführt werden, denn es handelt sich dabei um einen massiven Eingriff in das Nervensystem, der stets auch mit Risiken behaftet ist. Um diese richtig einschätzen zu können und entsprechend darauf zu reagieren, bedarf es einer intensiven Ausbildung in verschiedenen medizinischen Disziplinen, ebenso wenn es zu Zwischenfällen kommt, welche meist lebensbedrohlich sind, denn nur ein Tierarzt ist durch seine Ausbildung in der Lage hier angemessen zu handeln.

2). Ohne aufwendige technische Vorrichtungen und Belüftung stellt die Isofluran-Gasnarkose ein hohes gesundheitliches Risiko auch für den Anwender dar, nur einige Atemzüge von 5% Isofluran können bereits zum Tod führen. Auch gehört Isofluran zu den „Ozonkillern“. Aus den genannten Gründen ist es unverantwortlich, dieses Medikament, ebenso wie Ketamin, Laien auszuhändigen!! Mit der Ebermast und der Impfung gegen Ebergeruch sind schon heute erprobte und zeitgemäße Alternativen zur Kastration vorhanden, die sowohl dem Tierwohl, der Lebensmittelsicherheit als auch der Fleischqualität (Geruchsfreiheit von Eberfleisch) Rechnung tragen. Da die Kastration spätestens 2018 EU-weit verboten sein wird, wäre eine so gravierende Änderung des Tierschutzgesetzes für eine Übergangszeit nicht nachvollziehbar.

Den vollständigen Text der gemeinsamen Stellungnahme der BTK (Bundestierärztekammer), des BbT (Bundesverband beamteter Tierärzte e.V.) und des bpt (Bundesverband praktizierender Tierärzte e.V.) finden Sie hier. (2011)